Fesch in Tracht
Tipps zum Tragen und Pflegen der Tracht
Gedanken zur Tracht
Die Tracht gehört zu unserer Volkskultur, genauso wie unser Dialekt, unsere Lieder, unsere Tänze, unsere weltlichen und religiösen Traditionen. Die Tracht ist etwas Einmaliges, etwas, das uns von anderen unterscheidet.
Eine Tracht ist etwas sehr Komplexes. Jedes einzelne Teil hat seine eigene Geschichte. Je mehr man sich mit der Tracht auseinandersetzt, umso interessanter wird sie. Das ist das Faszinierende an der Tracht.
Eine Tracht weist immer einen regionalen Charakter auf. An ihrem ganz bestimmten Aussehen erkennt man, woher ein Mensch kommt. Das bestimmende Merkmal ist beim Mann die Joppe und der Hut, bei der Frau das Mieder und die Kopfbedeckung. Diese Trachtenelemente darf man niemals verändern, da man sonst einer Tracht ihre Seele nimmt.
Heute mehr denn je hat der Mensch das Bedürfnis, in unserer globalen Welt nicht alleine dazustehen. Eine Tracht schafft Gemeinschaft – im Verein, im Dorf, im ganzen Land. Wenn wir den kulturellen Wert der Tracht erkennen und ihre soziale Botschaft verstehen, dann ist sie heute immer noch aktuell!
Die Tracht tragenden Vereine zeigen uns nicht nur, wie vielfältig unsere Trachtenlandschaft ist, sondern auch woher die Trachtenträgerinnen und Trachtenträger kommen.
Eine Tracht anzuziehen sollte niemals eine Last sein, vielmehr eine Ehre. Tragen wir unsere Trachten mit innerer Überzeugung! Wir leisten dadurch einen wertvollen Beitrag zum Erhalt echter, lebendiger Volkskultur.
Auf diese Weise können wir auch die Freude an der Tracht glaubwürdig an zukünftige Generationen weitergeben.
Mit freundlicher Unterstützung von:
Arbeitsgemeinschaft Lebendige Tracht
Arbeitsgemeinschaft Volkstanz
Verband Südtiroler Musikkapellen
Zur Geschichte unserer Tracht
Was weiss ich eigentlich über meine Tracht?
Eine Tracht ist immer Ausdruck einer räumlich begrenzten Gemeinschaft. In früheren Zeiten war die Tracht das ganz normale Gewand, das von der bäuerlichen Bevölkerung tagtäglich getragen worden ist: am Werktag eine einfache Werktagstracht, am Feiertag die Festtagstracht, zur Hochzeit die Hochzeitstracht und bei einem Todesfall die Trauertracht, um nur die wichtigsten zu nennen. Die Tracht war einfach das Gewand schlechthin. Es gab gar kein anderes. Das Grundmaterial für deren Herstellung lieferte der Bauernhof selbst: Wolle, Leinen und Leder.
Eine Tracht zeichnet sich durch lange Beständigkeit aus und ist nur einem sehr langsamen Wandel unterzogen. Ganz im Gegensatz die Mode, die in dem Augenblick vergeht, in dem sie entsteht. Das ist keine Erfindung unserer Zeit. Und doch hängen Tracht und Mode in einer gewissen Weise zusammen. Teile der früheren Mode wurden ganz langsam in die Tracht aufgenommen und haben sie über die Jahrhunderte herauf zu der gemacht, wie wir sie heute kennen. Trachtengeschichte ist deshalb immer auch Kleidergeschichte.
Bis gegen Ende des Mittelalters ging die Entwicklung der Kleidung in Südtirol ziemlich gleichzeitig mit jener der alpenländischen Umwelt vor sich. Die Tracht der Bauern unterschied sich wohl kaum voneinander. Gemeinsam war ihnen auf jeden Fall die ärmliche Aufmachung: ein wollenes oder barchenes Kittelhemd mit einem Gürtel um die Mitte, enge Beinlinge aus Leinen und einfache Bundschuhe. Dazu trug man die Gugl, eine Art Kapuze, oder kegelförmige Filzhüte.
Jeder Mensch hat außer den zwei Grundbedürfnissen, sich zu bedecken und zu wärmen, auch das Verlangen, sich zu schmücken. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Er will durch Repräsentation seine eigene Erscheinung vor den anderen steigern. Repräsentation ist immer auch Ausdruck der Macht. Im Mittelalter waren es die Adeligen, die, was die Kleidung anbelangt, zu Vorbildern wurden. In Südtirol kam noch etwas dazu: der Handel. Als Durchzugsland von Nord nach Süd und von Ost nach West wurde auf den Märkten, vor allem in den Städten, eifrig Handel mit kostbaren Stoffen betrieben. Es fand ein reger Austausch auf allen Gebieten statt.
Das einfache, meist bäuerliche Volk, war von den neuen Entwicklungen im Bekleidungssektor zunächst nicht gerade begeistert. Es belächelte manch neue Modeerscheinung. Andererseits sah man doch mit etwas Neid auf die schönen Kleider. Es gab jedoch zur damaligen Zeit strenge Kleiderverordnungen, die den einfachen Leuten bei Strafe verboten, bestimmte Stoffe und bestimmte Farben zu tragen. Auch mussten die Kleider der Bauern aus einem Stück Stoff genäht sein und durften nicht verbrämt werden.
Dennoch schaute sich das einfache Volk von der Mode einzelne Teile ab und integrierte sie in das eigene Gewand.
Die Mode des ausgehenden Mittelalters war also von großem Einfluss auf unsere Trachten. Im Laufe der Zeit übernahm die Tracht von der Mode folgende einschneidende Veränderungen: die Teilung von Rock und Oberkleid bei der Frau, die Betonung des weiblichen Oberkörpers durch das eng anliegende Schnürmieder, die starke Taillierung in der Hüfte sowie Schuhe und Strümpfe. Beim Mann kam es zu einem Zusammennähen der Beinlinge zu einem Paar Hosen. Auch den vorne aufknüpfbaren Janker schaute man sich von der Mode ab. Um 1600 waren alle wesentlichen Teile unserer historischen Trachten aus der modischen Kleidung in die bäuerliche Tracht übernommen worden.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts fingen in Tirol die einzelnen Talschaften an, sich trachtlich voneinander zu unterscheiden. Mit der wachsenden politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Bauern erstarkte auch ihr Standesbewusstsein. Die Trachten beginnen aufzufallen und vor allem der bäuerlichen Bevölkerung selbst, als Betonung des eigenen Standes, zu gefallen. Wer kümmerte sich noch um Kleiderverordnungen und Strafen! Besonders die heimische Seidenraupenzucht und die Produktion von Seide für den Kaiserhof in Wien, gefördert durch Kaiserin Maria Theresia, ermöglichten es dem einfachen Volk, seine Trachten durch Seidenstoffe kostbarer auszustatten. Es waren eine gewisse wirtschaftliche Blüte und ein intensives religiöses Leben, welche die Entwicklung der Tracht gefördert haben. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts war die trachtliche Differenzierung der einzelnen Gebiete abgeschlossen.
Der Barock, in seiner üppigsten Form, findet auch in der Tracht seinen Niederschlag. Zu dieser Zeit erreicht die Tracht ihren Höhepunkt an Vielfalt, Kostbarkeit der Stoffe, an Farbenfülle und Ausschmückung. Die Miedertracht der Frau und die entsprechende Tracht der Männer, so wie wir sie heute tragen, gehen in ihrem Ursprung auf diese Zeit zurück.
Ein weiterer Grund für den großen Aufschwung der Tracht ist in der Förderung der Schützen von Seiten des Landesfürsten zu sehen. Unter Erzherzog Maximilian III, dem Deutschmeister, erhielten die Schützen eine eigens vorgeschriebene Tracht.
Dabei war vor allem die rote Farbe, als Ableitung vom Tiroler Adler, auffallend. Die Schützen wurden von „Trommlern und Pfeiffern“ begleitet, die als Vorläufer der Musikkapellen gelten. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich die Volkstrachten, die dann schrittweise von den Musikkapellen übernommen wurden.
Zu Zeiten von Andreas Hofer sollen noch 80% der Südtiroler Bevölkerung in Tracht gegangen sein. Und dennoch: Es begann auch bei uns schön langsam der unaufhaltsame Niedergang der Tracht. Ein Grund dafür ist wohl in der sich rasch ausbreitenden Industrialisierung zu suchen. Die fabrikmäßige Herstellung der Stoffe beendete die Tuchherstellung am Bauernhof, was auch zum Aussterben des bäuerlichen Hausgewerbes führte.
Ein weiterer bestimmender Faktor war der Bau der Brenner-Eisenbahn im Jahre 1867.
20.000 Arbeiter waren dabei beschäftigt, Einheimische wie Fremde. Ein neuer Stand kam in Südtirol auf, der Arbeiterstand. Er hatte keine eigene Tracht, trug aber warme lange Lodenhosen, was zum Aussterben der unzweckmäßigen kalten Lederhose führte. Die seit der Französischen Revolution aufkommende Bürgerkleidung setzte sich auch in Südtirol unaufhaltsam durch.
Die Kirche hatte auch ihren Anteil am Untergang der Tracht. Der hohen Geistlichkeit waren die damals schamlosen Miedertrachten mit ihrem zu weiten Brustausschnitt und die nur bis zu den Knien reichenden Kittel der Frauen ein großes Ärgernis. Im Sarntal jedenfalls lässt sich feststellen, dass nach einer Volksmission um 1850 die Frauen und Mädchen hochgeschlossene Tschoapen mit knöchellangen Röcken getragen haben. Es war die Mode der Biedermeierzeit, die rasch Eingang in die Kleidergewohnheiten der weiblichen Bevölkerung fand. Vor allem im Sarntal, Burggrafenamt, Schlerngebiet und im Eisacktal stellte man sich auf die elegante, sehr kleidsame Tüchltracht um. Als einziger Farbtupfer blieben dabei noch die farbige Schürze und das dazu passende Schultertuch übrig.
Auch die Männer wechseln zu jener Zeit von der kurzen Lederhose zur langen Lodenhose mit Luck, tragen dazu Weste und Krawatte und in der Stadt auch einen Zylinder. Wahrscheinlich war es gerade diese Vereinfachung und der große Tragekomfort, welche diese Trachten bis auf den heutigen Tag relativ lebendig erhalten haben.
Die letzte Entwicklung der Tracht stellt das sogenannte „Bäurische Gewand“ dar. Es ist eine Mischung aus modischem dunklem Kleid aus der Zeit um die vorige Jahrhundertwende und einem farbigen Schurz. Dazu wurde der schwarze Borten- oder der Unterinntaler-Hut mit den langen schwarzen Bändern im Rücken getragen. Bis in die 1960er Jahre wurden diese „Sonntagsgewänder“ von den Frauen gerne zum Kirchgang getragen.
Trotz aller Bemühungen schritt der Niedergang der Tracht unaufhaltsam fort. Es kam noch einmal zu einem kurzen Aufflackern anlässlich der Feierlichkeiten zum Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph im Jahr 1908, oder beim Festumzug in Innsbruck im Jahre 1909, anlässlich der Gedenkfeier zu 100 Jahre Andreas Hofer. Da wurde alles zusammengetragen, was man noch an Trachten auffinden konnte.
Nach der Abtrennung Südtirols von Gesamttirol im Jahre 1919 ist bei uns das Trachtenwesen zumindest ideell wieder neu bestärkt worden. Die Tracht, ursprünglich Standeskleid der Bauern, wurde zu einem Bekenntniskleid für uns Südtiroler. Besonders zur Zeit des Faschismus, als die Tracht nicht mehr getragen werden durfte, bekam sie für uns einen neuen, zeitgemäßen Sinn, der für den Weiterbestand von ungeheurer Wichtigkeit war.
Der Nationalsozialismus entdeckte die Tracht für seine volkstumspolitischen Aktivitäten. Ab Mitte der 1930er Jahre hatte Gertrud Pesendorfer, als Leiterin der Mittelstelle Deutsche Tracht am Volkskunstmuseum Innsbruck, eine Bestandsaufnahme der Südtiroler Trachten vorgenommen und eine landesweite Trachtenerneuerung ins Auge gefasst. Es waren vor allem die Sing- und Volkstanzgruppen, die mit den erneuerten Trachten eingekleidet wurden. Ohne Gertrud Pesendorfer würde die heutige Trachtenlandschaft in Südtirol sicher ärmer ausschauen, doch darf man niemals vergessen, welch ideologisch-politischer Missbrauch der Tracht ihrem eifrigen Einsatz zugrunde lag.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die trachtliche Einkleidung der neu- oder wiedergegründeten Musikkapellen wieder möglich. Im Hinblick auf das Tiroler Gedenkjahr 1959 kam es auch zur Wiedergründung zahlreicher Schützenkompanien.
Im Jahr 1958 wurde von der Südtiroler Landesregierung eine amtlich anerkannte Trachtenkommission im Rahmen des Heimatpflegeverbandes ernannt. Ihr folgte im Jahr 1980 die „Arbeitsgemeinschaft Lebendige Tracht“, die sich seitdem für den Erhalt der Tracht in Südtirol einsetzt. Sie betreibt Trachtenforschung und Bewusstseinsbildung und steht den Vereinen bei der Anschaffung einer Tracht beratend zur Seite.
Südtirol weist die größte Trachtenvielfalt des gesamten deutschen Sprachraumes auf. Doch wie schaut die Zukunft aus? Es wird immer schwieriger, das richtige Material für eine Tracht zu finden. Auch gibt es immer weniger Trachtenschneiderinnen und Trachtenschneider. Jahrhundertealtes Handwerkswissen geht rasch verloren. Die Konfektion drängt auf den Markt.
Wenn wir wollen, dass Musikkapellen, Schützen, Volkstanzgruppen, Chöre, Bauern und Bäuerinnen sowie Privatpersonen auch morgen noch traditionelle Trachten bekommen, dann müssen wir schon heute etwas dafür tun. Jetzt liegt es an uns dafür zu sorgen, dass die Tracht nicht ausstirbt!
Die Tracht soll auch in Zukunft einen wichtigen Stellenwert in unserer Südtiroler Volkskultur haben.